Last Update: 17.09.2051
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_ HELDEN

Der kleine Löbe ist traurig. Er liegt mit verschränkten Pfoten auf seiner Löbendecke und schaut ein wenig verloren. „ Was hast du denn mein Kleiner?“ fragt ihn die Löbenmutter besorgt. Sie hat gerade ihre Schürze umgebunden und ist dabei, das Bison zu zerteilen, das der Löbenvater heute nach Hause gebracht hat. „Die Giraffen. Sie sind so gross und so schön. Aber sie können nicht mit mir spielen, weil ich ein Löbe bin und sie sich fürchten. Ausserdem sind sie so hoch, dass ich kaum mit ihnen reden kann.“ Die Löbenmutter streicht mit ihrer Pfote zart über den Kopf des kleinen Löben. „Die Giraffen können nicht unsere Freunde sein. Aber du kannst doch mit den kleinen Tiegährn spielen. Die freune sich immer über neue Spielkameraden.“

Das Gesicht des kleinen Löben wird ein wenig heller. Er lächelt. „Darf ich mit den Tiegährn spielen?“ frat er aufgeregt. „Aber natürlich. Du sollst sogar.“



Der kleine Löbe packt schnell ein paar Spielsachen zusammen und läuft so schnell zum Tiegährrewiehr hinüber, dass er eine gar nicht so kleine Staubwolke hinter sich aufwirbelt.

Der Weg zum Tiegährrewiehr ist lang und eigentlich ist es schon fast zu spät um vor Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause zu kommen. Aber der kleine Löbe kann noch keine Uhr lesen und überhaupt denkt er nicht an solche Sachen, wenn er spielen geht.

Als er am Tiegerrewiehr ankommt ist die Sonne schon fast am Horizont verschwunden. Jetzt merkt auch der kleine Löbe, dass es langsam dunkel wird. Und auch kleine Löben haben Angst im Dunkeln.
Und so ist ihm ein wenig mulmig zumute, als er mit seiner Pfote an den Zaun des Tiegerrewiehrs klopft. Doch nichts rührt sich. Keine Antwort.

Auch als der Löbe öfter klopft und ein wenig faucht um auch sich aufmerksam zu machen tut sich nichts.



Als er ein wenig um das Rewiehr herumstreunt, sieht er ein Schild am Zaun hängen. „Sind jahgähn. Kommähn morgähn Die Tiegähr“ steht in krakeliger Tigerschrift auf einer Holzlatte. Der kleine Löbe fürchtet sich. Er merkt wie seine Pfoten zu zittern beginnen. Und er kann gar nichts dagegen tun. „Das muss wohl Angst sein“ denkt der kleine Löbe und zittert jetzt am ganzen Körper.

Der Weg zurück ist viel zu weit, um ihn im Dunkeln alleine zu gehen. Und ausserdem hat er Angst von den Affen gefangen zu werden. Das hat er noch niemandem gesagt, weil er dafür sicher ausgelacht werden würde. Aber es ist nun mal so. „Es hilft alles nichts. Ich muss hier übernachten“ denkt der Löbe und zuckt, als er einen Pavian schreien hört.


„Uuhuhuuuuhuuuuhuuuuuuuhaaaaahhahahahaaaaaaaa!!!“ kreischt es duch den Urwald. Um vor den Affen sicher zu sein, sucht sich der Löbe eine kleine Lichtung. Sort rollt er sich zusammen, damit ihn die anderen Tiere nicht sehen und hofft bald einschlafen zu können. Aber er kann nicht. Als er kurz einschläft, träumt er, dass ein riesiger Pavianarsch sich über seinen Kopf stülpt und ihn zu ersticken droht. Er schreckt auf.
Nichts mit Schlafen.


Er betrachtet den Sternenhimmel. Fasziniert vom Glitzern und der Vielzahl der Sterne sitzt er auf seiner Lichtung und ... und traut seinen kleinen Löbenaugen kaum.
Eine Sternschnuppe! Aber sie ist nicht bloß kurz zu sehen, wie andere Sternschnuppen. Sie zieht einen langen Schweif. Und sie kommt direkt auf ihn zu!

Nach etwa einer Minute – es können auch fünf oder zehn gewesen sein – landet der Stern mit einem lauten Knall etwa zwanzig Meter vor der Schnauze des Löben. Staub wirbelt auf. Doch die Tiere des Dschungels haben entweder einen guten Schlaf, oder große Angst. Nichts rührt sich. Auch der kleine Löbe hat seine Augen fest zu und hofft nicht gesehen zu werden. Seine Pfoten hat er über dem Kopf verschränkt. Ein paar Sekunden tut sich gar nichts. Dann beginnt es plötzlich dort wo der Stern gelandet ist zu rascheln. Auch glaubt der kleine Löbe so etwas wie Schimpfen und Fluchen wahrzunehmen.


Als er sich seines Löbentums besinnt und mutig die Augen öffnet, traut er diesen nicht. Ein dunkelblauer, kleiner Stern steht vor ihm und putzt sich fluchend den Staub von seinen Zacken. Er ist etwa einen halben Meter groß und hat zwei Zackenhände. Auf zwei seiner Zacken steht er. Eine dritte ist sein Kopf.

Er murmelt ein paar Schimpfwörter auf Sternisch und erblickt dann den kleinen Löben. „Aha. Ein Löbe.“ Sagt der Stern etwas genervt. „Weißt du, wo ich hier bin?“ Der Löbe – immer noch ganz starr vor Staunen – bringt gar keine Silbe heraus. „...“ Damit hat der Stern offenbar gerechnet, denn er wartet gar nicht auf die Antwort sondern stemmt seine Zacken in die Hüften und blickt sich forschend und entschlossen um.

„Erde ...“ flüstert der Löbe leise. „Sososo...ah ja...aha...“ . Der Stern setzt sich auf seinen Sternenpopo und wirkt nun etwas entspannter. „Weißt du ...als Stern kann dir alles passieren. Entweder du endest als Supernova, wirst zur Sonne oder zu einem Schwarzen Lock ...oder du fällst als Schnuppe irgendwo runter. Eigentlich hab ich es ja gar nicht so schlecht erwischt.“ Der Löbe findet den Stern jetzt eigentlich sehr nett und lächelt. „Wo kommst du her, Stern?“ „Keine Ahnung. Ungefähr acht Lichtmonate flieg ich jetzt herum. Ich hab ja keine Sternenkarten.“ Jetzt muss der Löbe lachen. Er stell sich Sternschnuppen vor, die mit Karten in der Hand durchs Weltall fliegen und sich gegenseitig nach dem Weg fragen.

„Ich bin froh, dass du gerade hier gelandet bist“, sagt der Löbe. „Ich hab gerade große Angst, so alleine im Dunkeln.“ Der Stern genießt nun seine wichtige Rolle sichtlich. „Hab keine Angst, kleiner Löbe. Ich beschütz dich schon!“. „Auch vor den Affen?“ „Ganz besonders vor den Affen.“ Der kleine Löbe schnurrt und stupst Herrn Stern mit seiner Nasenspitze an. „Spielen wir?“ fragt der kleine Löbe. „Nicht jetzt... aber morgen, wenn die Sonne kommt. Jetzt sieht man mich ja auch tagsüber. Ganz ungewohnt.“ Der kleine Löbe kuschelt sich gemeinsam mit Herrn Stern in den Einschlagskrater und beide schlfen friedlich ein.


Am nächsten Tag kitzelt die Sonne schon sehr früh an der Nase des kleinen Löben. Er erinnert sich wieder an das, was gestern passiert ist und ... sucht Herrn Stern. Aber in welche Richtung er mit seinen verschlafenen kleinen Löbenaugen auch schaut. Er sieht ihn nirgends. „Hier bin ich!“, hört er plötzlich die vertraute Stimme von Herrn Stern. Der kleine Löbe dreht sich so schnell, dass er fast umfällt. Nach drei Runden ist ihm so schwindlig, dass er sich hinzetzen muss. „Hier oben!“ erklingt es erneut. Alles was er sieht ist eine junge Schiraffäh, die offenbar nicht weiß, dass sie Angst vor Löben haben muss. Auch vor kleinen. Als er die Schiraffäh genauer unter die Lupe nimmt, sieht er auf ihrem Rücken Herrn Stern sitzen. Er wirkt quietschvergnügt und lacht laut und fröhlich. „Herrlich, was es hier auf der Erde alles gibt!“ jauchzt der Himmelskörper ungewohnt überdreht. „Komm spiel mit uns, kleiner Löbe“ ruft die Schiraffäh. „Aber ich bin ein Löbe. Ich darf nicht mit Schiraffähn spielen...“ maunzt der Löbe. „Hach... stell dich nicht so an. Dürfen Sterne auf Schiraffähn reiten?!?“. Herr Stern hat gute Argumente. Langsam schleicht der Löbe zu den beiden Spielkameraden. Die Schiraffäh beugt sich ganz tief hinunter, so dass der kleine Löbe sich an ihren Hals hängen kann.


Schon ist er oben und quietscht ganz vergnügt. „Von hier aus kann ich fast bis nach Hause sehen!“ schreit der Löbe. Aber die Schiraffäh weiss es besser „Nein dort drüben bist Du daheim.“ und deutet in die ganz andere Richtung, wo der Löbe ganz winzig in der Ferne den Baum sieht, unter dem er nach dem Mittagsschlaf immer mit seinen Löbenfreunden spielt.

Ganz vorsichtig dreht sich der kleine Löbe herum und Schiraffäh und Herr Stern müssen lachen, weil Löbe die Höhe offenbar ganz ungewohnt ist und sich mit aller Kraft an den Hals der Schiraffäh klammert. Ganz ängstlich kneift er die Augen zusammen.

Aber nur Anfangs. Nach und nach wird Löbe sicherer und reitet mit Herrn Stern durch die Steppe. Herr Stern und Schiraffäh zeigen ihm die Umgebung von oben.
Herr Stern erzählt Geschichten aus seiner Heimat und die beiden Erdenbewohner hören aufmerksam und fasziniert zu. Wer hätte geglaubt, dass es vom Sternenhimmel so viele Geschichten zu erzählen gibt?


Stunden später, als Schiraffäh müde ist rutscht der kleine Löbe gekonnt über den Hals zurück auf den gewohnten Erdboden.
„Ich muß los“ sagt er „meine Löbeneltern warten sicher schon auf mich.“
Herr Stern kann nicht mehr länger bleiben, und auch nach der kleinen Schiraffäh wird schon gerufen.

Sie umarmen sich noch einmal ganz fest, und dann läuft der Löbe nach Hause um eine interessante Geschichte zu erzählen. Denn bis zu diesem Tag hatte noch kein Löbe aus der Augenhöhe einer Schiraffäh seine Heimat gesehen.

Heute, wenn es finster ist und die Affen jaulen, steht der Löbe auf und lauscht in die Nacht. Dann kann er sich ganz genau an das erinnern, was Herr Stern erzählt hat und schläft beruhigt ein.

[text:christoph angerer, lepschi]